Pflanzenschutzmittel-Wirkstoffe und deren Abbauprodukte im Grundwasser spielen eine große Rolle im landwirtschaftlichen Grundwasserschutz und der Trinkwassergewinnung. In Ostfriesland, wo Meer, Marsch und Geest aufeinandertreffen, ist eine grundwasserschonende Landwirtschaft wichtig, um die gute Grundwasserqualität zu erhalten.
Am 23.04.2024 fand im historisch bedeutsamen Ständesaal der Ostfriesischen Landschaft Aurich im Rahmen des Projektes IPM Works eine intensive Auseinandersetzung mit der Thematik des Grundwasserschutzes und der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln statt. Andreas Roskam (NLWKN) und Hinrich Sparringa (LWK Niedersachsen) lieferten Einblicke in die Hydrogeologie der Region und die Aufgaben der landwirtschaftlichen Betriebe und der Wasserwirtschaft mit Bezug zu einem integrierten Pflanzenschutz. Zudem wurde die Notwendigkeit einer nachhaltigen Bewirtschaftung unseres Grundwassers, das eine lebenswichtige Ressource darstellt – so dient es in Ostfriesland bspw. zu 100 % als Trinkwasserquelle – verdeutlicht und die Aufgaben der Wasserschutzberatung in den Bereichen Düngung, „freiwillige Vereinbarungen“ und Pflanzenschutz, mögliche Maßnahmen und deren Finanzierung sowie die Herausforderungen und Potentiale vorgestellt.
Belastungen des Grundwassers mit Pflanzenschutz- und Düngemitteln können insbesondere dort entstehen, wo landwirtschaftliche Flächen intensiv genutzt werden. Gleichzeitig ist auf diesen Flächen eine Grundwasserneubildung mit guter Qualität zur Trinkwassergewinnung wichtig. In Ostfriesland gibt es über 3000 Messstellen für die Wasserqualität. Sie messen physikalische Parameter wie den Wasserstand und dienen chemischen Güteuntersuchungen, um eine zielgerichtete Bewirtschaftung dieses Raumes unter der Oberfläche zu gewährleisten und wertvolle Daten, auch über einen langen Zeitraum, zu sammeln. Andreas Roskam vom NLWKN betonte in diesem Zuge die kontinuierliche Herausforderung und Gefährdung, die die Auswirkungen von standortbedingten (geogenen) Aspekten wie Versalzungen und Versauerungen sowie anthropogenen, also durch den Menschen verursachte Einträge wie Nährstoff- und Schadstoffbelastungen für das Grundwasser darstellen.
Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in der Landwirtschaft ist ein kontroverses Thema, da strenge Auflagen zum Teil nicht für andere Bereiche gelten. So wurde mit dem Verbot von Bioziden in der Landwirtschaft ein wichtiger Schritt in Richtung einer umweltschonenderen Praxis gemacht. Generell ist eine Verbesserung der Zulassungs- und Marktsituation mit einer stärkeren Berücksichtigung der Belange des Grundwasser- und Trinkwasserschutzes unter Nutzung bestehender Instrumente (z. B. Anwendungsbeschränkungen) notwendig. Insbesondere im Hinblick auf nicht oder nur schwer abbaubare Metaboliten (Abbauprodukte) besteht weiterhin Forschungsbedarf. Eine deutliche Integration von den Belangen des Grundwasserschutzes in den Bereichen Pflanzenbau und Pflanzenschutzberatung, bspw. durch Substitution negativer Stoffe oder Beratung bei der Anwendung mechanischer Beikrautbekämpfung und Smart Farming, kann einen deutlichen Beitrag zum Grundwasserschutz leisten.
Auch Hinrich Sparringa betonte, dass Nutzungskonflikte dort entstehen, wo Landwirtschaft und Trinkwassergewinnung aufeinandertreffen. Diese können durch die bestehenden Kooperationen und die enge Zusammenarbeit zwischen Land- und Wasserwirtschaft minimiert werden. Freiwillige Vereinbarungen zum Grundwasserschutz und Verzicht auf den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in Grundwasserschutzgebieten werden zudem entschädigt. Während es also in einigen Bereichen strengerer Zulassungsverfahren sowie weiterer Forschung zu abbaubaren und umweltschonenden Mitteln bedarf, gibt es in der Landwirtschaft bereits eine Reihe von alternativen Maßnahmen, über die u. a. in der Wasserschutzberatung von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen informiert wird. Hinrich Sparringa hebt insbesondere die Bedeutung von Maßnahmen wie Zwischenfruchtanbau und Untersaaten hervor, die dazu beitragen, Stickstoff im Boden zu fixieren und den Eintrag von Nitrat ins Grundwasser zu minimieren. Darüber hinaus werden insbesondere auf Ackerland Blühstreifen gefördert, die nicht nur eine geringere Belastung für das Grundwasser darstellen, sondern auch die Biodiversität unterstützen. Die Wasserschutzberatung trägt dazu bei, nachhaltige Schutzkonzepte zu entwickeln.
Technische Innovationen und mechanische Unkrautbekämpfungsmethoden, die den Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln reduzieren, sind ebenfalls eine Alternative zum Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. Technologien wie die Bandspritzung in Kombination mit einer kameragesteuerten Hacke, die sehr dicht an den Reihen hackt, sind jedoch teuer in der Anschaffung und erfordern ein entsprechendes Know-how. Beim Einsatz dieser Techniken sind außerdem die Boden- und Wetterverhältnisse entscheidend: Begünstigen diese den Beikrautwuchs, kommt es trotz Maschineneinsatz ohne den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zu Ertragsminderungen, insbesondere auf schweren (Marsch-)Böden. Die Befahrbarkeit ist bei nassen Verhältnissen extrem eingeschränkt. Zu dem potenziellen Minderertrag kommt noch hinzu, dass rein mechanische Verfahren oft deutlich höhere Kosten verursachen als ein reiner Herbizideinsatz (ca. 290 €/ha gegenüber 115€/ha, 205€/ha bei kombinierten Verfahren; errechnet von der LWK Niedersachsen).
Die Notwendigkeit, Forschung und Entwicklung von praktizierbaren und abgestimmten mechanischen Verfahren, natürlichen und ackerbaulichen Maßnahmen sowie abbaubaren Pflanzenschutzmitteln aktiv voranzutreiben, steht daher außer Frage. Ein solcher integrierter Pflanzenschutz trägt dazu bei, sowohl ökonomisch als auch ökologisch tragfähige Maßnahmen umzusetzen und unsere wertvollen Wasserressourcen zu erhalten. Zudem spielt der Wissensaustausch über diese Themen eine entscheidende Rolle, damit sich alle Akteure – sei es die Landwirtschaft, die Industrie, die Politik oder die Gesellschaft – ihrer Verantwortung bewusst werden und entsprechend handeln.
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